„Jade City – Familie ist Pflicht“ der Auftakt der Jade-Trilogie aus der Feder von Fonda Lee, in englischer Originalsprache bereits 2017 im ORBIT-Verlag erschienen, hierzulande, natürlich ins deutsche übersetzt, aber erst seit Mai 2023 im Knaur-Verlag erhältlich. Die Geschichte spielt sich auf der fiktiven Insel Kekon ab, die eine für Fantasy ungewöhnlich moderne und fortschrittliche Gesellschaft beheimatet – inklusive Autos, Schusswaffen und Strom. Auf den ersten Blick könnte sie irgendwo im Südpazifik unserer Realität liegen. Obwohl Umstände und Gegebenheiten demnach vage vertraut wirken, ist ein Aspekt definitiv übernatürlich: Die magische Jade, die von den „Grünblut-Kriegern“ kontrolliert wird.
Familie ist Pflicht – Magie ist Macht – Ehre ist alles
Vor dieser atmosphärischen Szenerie werden Leser im Handumdrehen in die nervenaufreibende Fehde zwischen den Clans No Peak und One Mountain hineingezogen.
Der Titel mag suggerieren, dass der Roman hauptsächlich den Schmuckstein thematisiert, praktisch geht es jedoch vielmehr um das Konzept von Familie. Die Grünblut-Clans sind ehrenhafte, jadetragende Krieger und schützten einst gemeinsam die Insel vor ausländischen Invasionen. In einer geschäftigen Nachkriegsmetropole sind Grünblut-Familien wie die Kauls, die den No Peak-Clan anführen, heute hauptsächlich im Handel und im Baugewerbe tätig, sowie die alltägliche Instandhaltung der unter ihrem Schutz stehenden Bezirke.
Die Jade ist seit Jahrhunderten quasi das Lebenselixier der Insel Kekon, denn sie verleiht den Grünblutkriegern ihre Macht in Form von außergewöhnlichen Fähigkeiten um die sie von vielen beneidet werden. Doch nun ist kürzlich eine Droge aufgetaucht, die es auch Fremden ermöglicht, die Jade zu nutzen. Diese neue Bedrohung lässt die alte Blutfehde zwischen den rivalisierenden Familien Kaul und Ayt eskalieren.
Die Geschichte ist größtenteils aus der Perspektive der Familie Kaul geschrieben, sodass der Fokus auf den drei Kaul-Geschwister, bestehend aus Lan, Hilo und deren Schwester Shae liegt. Letztere wollte sich eigentlich komplett aus dem Familiengeschäft zurückziehen, doch als Kekon eine große Bedrohung erwischt, die auch die Familie selbst betrifft, steht sie schnell wieder zwischen den Stühlen. Die Charaktereigenschaften der drei könnten kaum unterschiedlicher sein und gerade Shae, muss sich hier durch die Männerdomäne kämpfen und ständig beweisen.
Der Schreibstil der Autorin ist sehr flüssig zu lesen, es gibt immer genug Beschreibungen um die Umgebung und Atmosphäre bei einem „Szenenwechsel“ festzulegen ohne zu überladen zu sein. Man merkt vor allem bei den actionreichen Kampfszenen, dass die Autorin tatsächlich weiß, wovon sie schreibt und kann auch hier die Bewegungen der Figuren gut nachvollziehen, selbst wenn man keine Erfahrung mit Kampfkunst hat.