Einige kennen den recht frischen Verlag papertoons bereits, andere wiederum noch nicht. Wir haben uns auf der Leipziger Buchmesse / Manga-Comic-Con 2023 am Stand umgesehen und schnell standfest, dass wir ein Interview mit den beiden Gründern, Lea Heidenreich und Michael Schuster führen möchten.
Auf der Messe war dies zwar zeitlich nicht möglich, aber netterweise haben sich Lea und Micha bereiterklärt, ein E-Mail-Interview zu führen.
KN: Erstmal vielen Dank, dass ihr euch die Zeit nehmt und für ein Interview bereit erklärt habt. Möchtet ihr vielleicht vorab erstmal was zu eurer Person sagen?
Wir haben zu danken! Ich denke, die meisten wissen es mittlerweile, aber papertoons sind wir, Lea und Micha und wir haben jetzt, nach einigen Jahren bei Manga Cult, unseren eigenen Verlag gegründet – der sich allerdings voll auf farbige Webtoon spezialisiert.
KN: Kommen wir gleich zur ersten Frage. Bei papertoons handelt es sich um einen quasi „druckfrischen“ Verlag. Wie und wann kamt ihr auf die Idee, zur Gründung eines Verlags und warum ausgerechnet Webtoons?
Wenn man tagtäglich und das über Jahre hinweg in einem Verlag bzw. an einem Thema arbeitet, lernt man ziemlich viel darüber. Und vor allem findet man heraus, ob man etwas gut kann, oder nicht. Wir können Manga und Verlag und alles was dazu gehört sehr gut – und deswegen lag dann irgendwann der Wunsch, es auch mal selbst zu versuchen, ziemlich nahe. Warum Webtoons, statt Manga? Wir wollten etwas Neues probieren – etwas, von dem der Markt noch nicht ganz so übersättigt ist wie von Manga. Und auch etwas, das uns von Manga Cult abhebt.
KN: Papertoons ist ein interessanter Name für einen Verlag. Hat der Name eine tiefere Bedeutung, oder war es dieser „DAS ist es“ Moment bei der Namensfindung?
Eine tiefere Bedeutung hat er nicht, aber eine klare Message und das war uns das wichtigste. Verkopfte Namen, die keiner versteht, bringen ja niemandem etwas. Papertoons sind Webtoons auf Papier, also in Printausgaben – und das im Gegensatz zu den Webtoons, die es ja sonst ausschließlich digital zu lesen gibt. Das war’s auch schon – als der Name zum ersten Mal aufkam, war uns ziemlich schnell klar: Das passt!
KN: War es nicht schwierig sich als junger Verlag durchzusetzen? Wie ist die Nachfrage nach Webtoons und hattet ihr keine Bedenken, das farbige Comics abgelehnt werden? Immerhin sind die meisten Leser und Leserinnen, aus dem Mangabereich, schwarzweiß gewöhnt.
Natürlich ist es sehr schwierig, sich als neuer Verlag durchzusetzen. Sowohl in Korea als auch im Markt. Aber in beiden Fällen hatten wir das große Glück, dass ja nur unser Verlag neu war, aber wir nicht und wir zudem die Unterstützung von altraverse an der Vertriebsfront hatten und haben. Das hat einiges erleichtert bzw. das ganze Vorhaben überhaupt erst ermöglicht. Wovor wir allerdings keine Angst hatten, ist, dass Webtoons bei den Lesern nicht gut ankommen werden – da hat man einfach schon in den letzten Monaten zu deutlich gesehen, dass Markt wie Leser bereit für dieses neue Thema sind. Und so läuft papertoons (und wir sind ja immer noch im ersten Jahr), sehr gut.
KN: Kommen wir nochmal auf die Farbe zu sprechen. Wie kamt ihr dazu, die Ausgaben vollfarbig zu drucken? Steigert dies nicht unnötig den Preis des Endprodukts? Zumal ihr auch nicht gerade wenige Seiten, pro Buch, habt.
Naja, das haben wir uns ja nicht ausgedacht. Webtoons im Internet sind farbig und dann können wir ja nicht sagen: „Öhm, ist zu teuer, wir machen das einfach in schwarz-weiß“. Ja, der Druck ist deutlich teurer, aber man kann einen Webtoon ja auch für einen höheren Preis als Manga verkaufen. Wir sind ziemlich sicher, dass niemand einen Webtoon in s/w lesen wollen würde, von daher war das wirklich keine große Frage.
KN: Dank der Inflation, erhöhen sich bei vielen, wenn nicht sogar allen Verlagen, die Preise. Wie geht ihr damit um? Ist eine Preissteigerung bereits mit berücksichtigt, oder müssen Leser mit einer Preisanpassung rechnen?
Um eine leichte Preisanpassung wird in den nächsten Jahren niemand herumkommen. Wir sind mit unseren 16 Euro pro Band gerade ganz gut aufgestellt – je nach Seitenzahl/Aufwand wird es aber sicher auch mal Bände zu 18 Euro geben. Eine grundsätzliche Preisanpassung ist derzeit aber nicht geplant.
KN: Ihr habt euch, wie bereits erwähnt, auf sogenannte Webtoons spezialisiert. Mögt ihr kurz erklären, was Webtoons genau sind und nach welchen Kriterien ihr diese anschließend auswählt?
Webtoon ist eigentlich eine große Plattform im Internet, auf der man koreanische Manhwa lesen kann, die diverse Autoren/Zeichner und Verlage hochgeladen haben. Von dieser Plattform her kommt auch der Begriff „Webtoons“ und bezeichnet letztendlich jeden Comic, der auf den bekannten Plattformen lesbar ist. Grundsätzlich sind Webtoons meist in Farbe, und werden scrollend am Smartphone oder PC gelesen. Die Kriterien zur Auswahl sind letztendlich dieselben wie bei den Manga – sie müssen gefallen und auch etwas bekannt sein, dass man sie auch verkauft bekommt.
KN: Wie sieht es mit den Lizenzen aus. Sind die Rechte schwerer zu bekommen als für Mangas?
Korea ist derzeit noch nicht so professionell im Auslandsgeschäft wie Japan, dadurch kommt es hier und da noch zu etwas Sand im Getriebe. Grundsätzlich ist es aber nicht wirklich schwerer, an Lizenzen zu kommen. Man muss vielleicht etwas mehr suchen/recherchieren, da die Rechtslage nicht immer ganz klar ist.
KN: Da wir jetzt wissen, was Webtoons genau sind, aus welchen Ländern kommen eigentlich die Autoren/Zeichner? Gibt es ein bestimmtes Land, das ihr bevorzugt?
Das Land, aus dem die meisten Webtoons kommen, ist definitiv (Süd)Korea, aber auch in China gibt es einige coole Titel und auf der Plattform Webtoon finden sich sogar Manga von deutschen Zeichnern – das ist also definitiv ein internationales Phänomen, das aber stark von Korea geprägt wird.
KN: Was nicht nur uns brennenden interessiert, wie viele Lizenzen habt ihr aktuell am Start?
Im Moment haben wir 6 laufende Reihen und in diesem Programm kommt noch eine Weitere dazu. Im nächsten dann nochmal etwa 4. Bis zum Ende des Jahres sind wir dann also bei 10 Reihen.
KN: Können euch eure Leser und Leserinnen, auch Lizenzvorschläge zukommen lassen?
Klar, für Lizenzvorschläge sind wir immer offen und die bekommen wir auch wirklich oft. Wir schauen uns alles an und manchmal ist sogar auch eine neue Idee für uns dabei.
KN: Da die Geschichten sicher nicht auf Deutsch sind, wäre es interessant zu erfahren, wie es um die Übersetzung steht. Habt ihr mehrsprachige Übersetzer im Team, oder nutzt ihr einen externen Dienstleister?
Übersetzt wird, wie bei Manga, mit Freelancern – Leute, die uns die Manhwa direkt aus dem Koreanischen übersetzen. Wir übersetzen immer alles aus der Originalsprache. Alles andere wäre schädlich für die Qualität der Übersetzung.
KN: Webtoons sind hierzulande eher weniger verbreitet. Ist die Nachfragen eigentlich groß, oder hält es sich noch in Grenzen?
Die Nachfrage ist sehr groß und wird in nächster Zeit noch größer werden.
KN: Uns ist aufgefallen, dass ihr ein interessantes Motto habt: „Nur ein Regal voller Bücher ist ein gutes Regal“. Mögt ihr dazu kurz was sagen?
Dieses Motto zahlt letztendlich auf die Aussage von „papertoons“ ein. Man kann die Webtoons zwar alle online lesen – manche sogar völlig kostenlos – aber dann kann man sie sich nicht ins Regal stellen. Und das ist doof. Für allem für Jäger und Sammler, was die meisten deutschen Manga-Fans ja sind. Auch hier war uns vor allem wichtig, dass die Aussage klar ist: Wir holen Webtoons aus dem Netzt und machen sie schön für eure Regale.
KN: Laut eurer Website verkauf ihr sowohl über Amazon, als auch Thalia. Einige Webtoons sind außerdem über altraverse erhältlich. Wie kam es dazu?
Altraverse ist unser Partner im Vertrieb, da lag es nahe, die Bücher auch über den altraverse webshop zu verkaufen. Ansonsten kriegt man unsere Bücher aber überall. In jeder Buchhandlung, in jedem Comicladen und natürlich auch über Online-Versand. Das ist der Vorteil, wenn man mit einem guten Vertriebspartner wie altraverse arbeitet – dann sind die Bücher wirklich überall zu finden.
KN: So ein Unterfangen stemmt man nicht zu zweit. Wie viele Mitglieder umfasst euer Team mittlerweile? Seid ihr noch auf der Suche nach neuen Mitarbeitern?
Doch, tatsächlich kommt man da zu zweit relativ weit. Wir haben sonst nur noch eine Grafikerin – die ist aber extrem wichtig, weil sie uns alle Werbegrafiken, ein paar Webtoon-Layouts und auch sonst alles macht, was so im Alltag anfällt. Ohne sie würde es definitiv nicht funktionieren. Akut suchen wir also nicht nach neuen Mitarbeitern – noch kommen wir klar.
KN: Wie steht ihr zu dem Thema ebooks? Ist das für euch eine Option? Oder sagt ihr wie unsere Redaktion: „Den Geruch eines gedruckten Buches, kann man nicht ersetzen“?
Für uns sind ebooks völlig irrelevant, weil man alle unsere Webtoons ja sowieso schon online lesen kann. Da würde man sich also nur im Kreis drehen, wenn man diese Bücher jetzt noch als Sammelausgabe digital anbieten würde. Außerdem sind die Lizenzen meist sowieso nur für Printausgaben erhältlich.
KN: Der Markt wächst ja stetig weiter. Wie schaut es mit Konkurrenz aus? Habt ihr bedenken, dass jemand auf dieselbe Idee kommt wie ihr?
Es sind ja schon alle auf dieselbe Idee gekommen wie wir. Bzw. es war jetzt auch nicht die aller-innovativste Idee aller Zeiten. Es war klar, dass früher oder später jeder Webtoons machen wird. Spannender ist da die Tatsache, dass derzeit zudem noch sehr viele neue Kleinverlage auf den Markt drängen. Aber auch da: bis zu einem gewissen Grad belebt Konkurrenz wirklich einen Markt. Und noch ein bisschen Luft ist da – Sorgen macht uns das also nicht, nein.
KN: Die Leipziger Buchmesse war eure erste Messe. War die LBM aus eurer Sicht erfolgreich? Konntet ihr, außer uns, neue Leser gewinnen?
Leipzig war für uns extrem erfolgreich. Wir haben sehr viele Bücher verkauft, sehr viele gute Gespräch geführt und sicher auch ein paar neue Fans gewonnen. Genau so muss eine Messe sein!
KN: Plant ihr dieses Jahr noch weitere Messen oder Convention als Aussteller zu besuchen?
Wir werden auf der Dokomi, der AnimagiC und der Connichi sein!
KN: Möchtet ihr zum Abschluss des Interviews den Lesern noch etwas mitteilen?
Eigentlich möchten wir nur allen danke sagen, die uns bisher unterstützt und unsere Bücher gekauft haben. Für einen neuen Verlag hatten wir einen extrem guten Start und wir wissen, dass das nicht selbstverständlich ist. Wir werden uns auch in Zukunft große Mühe geben, die richtigen Titel für die deutschen Fans zu finden und diese in schöner Qualität in den Handel zu bringen – bleibt also dran und freut euch auf unsere neuen Ankündigungen. Da sind noch ein paar tolle Sachen dabei.
KN: Nochmals vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für das Interview genommen habt. Wir hoffen, euch bald mal wieder zu sehen.