Nordkorea hat nach südkoreanischen Informationen erneut eine ballistische Rakete getestet. Pjöngjang habe ein „nicht identifiziertes“ Geschoss von Sinpo aus ins Meer gefeuert, teilte das südkoreanische Militär am Dienstag mit. Experten zufolge könnte es sich um eine U-Boot-gestützte ballistische Rakete (SLBM) gehandelt haben.
Nordkorea hatte in den vergangenen Wochen mehrfach Raketen getestet und damit international Besorgnis ausgelöst. Die USA, Südkorea und Japan verurteilten den jüngsten Test.
Sinpo ist eine große Marinewerft, in der laut Satellitenaufnahmen auch U-Boote liegen. Dass Nordkorea an einer U-Boot-gestützten ballistischen Rakete arbeitet und bereits Unterwasserabschüsse getestet hat, war bereits bekannt. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Norden eine SLBM abgeschossen hat“, sagte Shin Beom-chul vom Koreanischen Forschungsinstitut für Nationale Strategie.
Wie die Nachrichtenagentur AFP aus informierten Kreisen erfuhr, erlangte die Rakete eine Reichweite von rund 590 Kilometern bei einer maximalen Höhe von etwa 60 Kilometern. Als entscheidend gilt, ob der jüngste Test von einem U-Boot, einer Unterwasserplattform oder einem Lastkahn aus erfolgte. Eine nachweislich von einem U-Boot aus abgefeuerte Rakete würde Hinweise darauf geben, dass Nordkorea auch weit über die koreanische Halbinsel hinaus Raketen einsetzen könnte.
Nach Einschätzung des Nordkorea-Experten Leif-Eric Easley von der Ewha-Universität in Seoul entwickelt das Land U-Boot-gestützte ballistische Raketen, weil es eine langlebigere nukleare Abschreckung anstrebt, „mit der es seine Nachbarn und die USA erpressen kann“. Die Raketen seien „wahrscheinlich weit davon entfernt, mit einem nuklearen Sprengkopf einsatzbereit zu sein“.
Das Indopazifische Kommando der USA verurteilte den jüngsten Test am Dienstag und forderte Pjöngjang auf, „von weiteren destabilisierenden Handlungen abzusehen“. Japans Regierungschef Fumio Kishida erklärte, es seien zwei ballistische Raketen abgefeuert worden und nannte dies „sehr bedauerlich“.
Laut Medienberichten erfolgte der jüngste Raketentest kurz vor einem Treffen der US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines mit ihren südkoreanischen und japanischen Kollegen in Seoul.
Der Nordkorea-Sonderbeauftragte der USA, Sung Kim, hatte Pjöngjang am Montag erneut zu Gesprächen aufgerufen. Washington hege „keine feindseligen Absichten“ gegenüber Nordkorea und hoffe auf ein „Treffen ohne Vorbedingungen“, sagte er nach Gesprächen mit seinem südkoreanischen Kollegen in Washington.
Die US-Regierung von Präsident Joe Biden hat immer wieder ihre Gesprächsbereitschaft gegenüber Pjöngjang hervorgehoben. Um eine Lösung im Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm zu erreichen, sei Washington jederzeit bereit, Vertreter Pjöngjangs überall und ohne Vorbedingungen zu treffen, erklärten US-Regierungsvertreter.
Nordkorea zeigt keinerlei Bereitschaft, sein Waffenarsenal aufzugeben. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un wies die Gesprächsangebote Ende September zurück und bezeichnete die Erklärungen aus Washington als „billigen Trick“.
In den vergangenen Wochen testete Pjöngjang unter anderem einen Langstrecken-Marschflugkörper, eine ballistische Kurzstreckenrakete und nach eigenen Angaben auch eine Hyperschall-Rakete.
Sollten die nordkoreanischen Angaben zutreffen, hätte das international isolierte Land eine weitere Etappe bei der Aufrüstung seines Waffenarsenals erreicht. Hyperschall-Raketen sind extrem schnell und flexibel, was ihre Zerstörung durch Raketenabwehrsysteme stark erschwert.
Das international weitgehend isolierte Nordkorea steht wegen seines Atom- und Raketenprogramms unter strikten US- und UN-Sanktionen.
gap/ju