Tel Liyanto lebte noch nicht als Japan in den 80er boomte, aber sie liebt die „zeitlosen“ City Pop Hits aus dieser Ära. Dank einer neuen Generation junger, internationaler Fans, geht dieser jetzt viral.
Der glamouröse Soundtrack, der das Wirtschaftswunder des Landes begleitete, erfreut sich auch Jahrzehnte nach seinem peppigen Synthesizer, die von sanftem Rock, Boogie und Soul beeinflusst sind, immer größere Beliebtheit.
Das Retro-Genre ist so beliebt, dass der Kanadische Sänger „The Weeknd“, den bereits 1983 erschienen Hit „Midnight Pretendes“, auf seiner neuesten Veröffentlichung gecovert hat. Plattenfirmen reizen sich darum, längst vergessene City-Pop-Vinyl neu aufzulegen.
„Es ist wie Disco: ein nostalgischer Sound, aber auch modern“, erklärt Liyanto, eine 27-jährige aus Indonesien, als sie zu City Pop in einer Bar in Tokyo tanzt. Beruflich arbeitet sie für ein Kreativagentur.
„Ich höre es, wenn ich tanze, ich höre es, wenn ich mich entspanne“, sagte sie gegenüber der AFP.
Ursprünglich war es nur in Nischen-Online-Musikkreisen anzutreffen. Das Wiederaufleben wurde durch YouTube’s Algorythmus verstärkt. Dieser erkennt, wenn ein Song geliked und geteilt wird und empfiehlt ihn daraufhin weltweit.
Die populärsten Tracks, wie Mariya Takeuchi’s „Plastic Love“, haben mehr als 10 Millionen Aufrufe auf YouTube. (Anmerkung der Readaktion: Inzwischen hat der Song 49 Millionen Klicks)
Die Funkige Basslinie und die extravaganten Blechbläser des Songs haben die Stimmung von „Club Tropicana“ von Wham! – aber der aufsteigende japanische Gesang erzählen eine andere Geschichte.
„Seit dem Tag an dem man mir das Herz brach, lebe ich ein Leben mit vertauschtem Tag und Nacht“, singt Takeuchi in dem Track, den Kommentatoren als „verstecktes Juwel“ bezeichnen.
„Warum höre ich plötzlich Japanischen 80er Pop? Und warum ist er so gut?“, schrieb einer darunter.
Frisch, aber vertraut
Kei Notoya, ein 33-jähriger DJ, war begeistert von City Pop als er ihn das erste Mal auf einer Party an der Universität hörte. Seitdem hat er ungefähr 3.000 Platten gesammelt. Einige davon verkaufen sich innerhalb von Sekunden in seinem Online-Shop „Tokyo Condition“.
„Damals hat japanische Musik viel vom Amerikanischen Rock, Soul, R&B kopiert“, erklärt er der AFP. „Es klingt frisch, aber gleichzeitig auch vertraut.“
„Menschen, die damals noch nicht geboren waren, können die Atmosphäre der 80er und 70er spüren, in dem sie diese Songs anhören.“
Die Begeisterung hat japanische Plattenfirmen dazu veranlasst mehr aus ihrem Katalog von damals bei Streaming-Diensten hochzuladen. Die riesige Anzahl an „verschlafen“ Songs, die viele Jahre ignoriert, aber kürzlich von Musikliebhabern ausgegraben wurden, halten das Interesse an dem Genre am Leben, sagte Notoya. Er prahlt mit „jede Woche neue Funde“ in Second-Hand Plattenläden und veröffentliche im Dezember die Zusammenstellung „Tokyo Glow“.
The Weeknd’s Sample von Tomoko Arans Hit auf seinem neuen Track „Out of Time“ ist „das Mainstream-Beispiel für ältere japanische Musik, die einem breiten Publikum vorgestellt wird“, sagte Patrick St Michel, ein in Japan lebender Komponist.
„Midnight Pretenders“ wurde letztes Jahr erneut auf Vinyl veröffentlich, zusammen mit anderen City Pop Favoriten, wie „Plastic Love“. Dieser Song wurde ebenfalls aufgefrischt und erhielt von der Plattenfirma Warner Japan ein modernes Musikvideo.
Kein reiner Hedonismus
Gary Leong, der Mitinhaber von White Noise Records in Hong Kong, während Fans es bevorzugen nach Originalen City Pop-Pressungen zu suchen, ist die „Plastic Love“ Neuauflage „sehr beliebt“ in seinem Shop. Junge Leute, die diesen Song auf YouTube gehört haben, wollen ihn „als Souvenir oder als Kunstwerk“ kaufen, erklärte er gegenüber der AFP.
Auch auf TikTok ist die Musik populär. Fans kombinieren ihre Lieblingstracks zu Sonnenuntergängen im Anime-Stil oder tanzen im 80er-Jahre-Outfit dazu.
Aber bei dem Spaß, werde neue Hörer von City-Pop angezogen, aufgrund des „Elements der Melancholie, das ihn ihm steckt“, sagt St. Michel.
„Das schleicht sich durch alle City Pop Songs und verleiht ihnen Viralität. Es hat aber auch etwas Trauriges – es ist nicht nur purer Hedonismus.“
Nichts hält ewig, und frühe Trendsetter, die 2010 bereits mit City Pop anfingen, sind bereits weitergezogen, fügte St Michel hinzu.
Sie haben „bereits klargestellt, für uns ist es vorbei, wir ziehen weiter zu den 90er.“
„Es ist wie eine Art rennen, um herauszufinden was Internetmassen mögen. Aber sie sind diejenigen, die das entscheiden“, erklärte er. „Das ist das Schöne daran.“