In Japan leben fast anderthalb Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter äußerst zurückgezogen. Das ist das Ergebnis der ersten umfassenden Umfrage der Regierung zu dem Phänomen der sogenannten Hikkimori. Als Hikikomori gelten in großer Abgeschiedenheit lebende Menschen.
Die Spannweite bei diesem gesellschaftlichen Phänomen reicht von Menschen, die nur zum Einkaufen oder Ausüben ihrer Hobbys vor die Tür gehen, bis hin zu extremeren Fällen, die selten oder gar nicht ihre Wohnung verlassen. In der Regierungsumfrage werden diejenigen als Hikkimori eingestuft, bei denen dieses Verhalten mindestens sechs Monate lang anhält.
Die Regierungsumfrage ergab, dass etwa zwei Prozent der befragten 15- bis 64-Jährigen sich aus der Gesellschaft zurückgezogen haben. Auf die gesamte japanische Bevölkerung hochgerechnet entspreche das 1,46 Millionen Menschen.
Als häufigsten Grund für ihren Rückzug aus der Gesellschaft nannten die im November 2022 befragten Betroffenen, dass sie keinen Job mehr haben. Als zweitwichtigster Grund wurde die Corona-Pandemie genannt. Bei den 15- bis 39-jährigen Hikkimori nannten 18 Prozent diesen Grund, bei den 40- bis 64-Jährigen sogar 20 Prozent.
„Es scheint, dass manche Menschen in unsere Definition von Hikkimori gefallen sind, weil sie durch Corona entmutigt wurden hinauszugehen und dadurch weniger Kontakt zur Gesellschaft haben“, sagte Regierungsvertreter Koji Naito am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.
Zur Entwicklung des Phänomens in den vergangenen Jahren konnte er keine Angaben machen, weil von früher keine direkt mit der neuen Umfrage vergleichbaren Daten vorlägen.
Experten vermuten, dass in Japan viele Menschen auch deshalb so zurückgezogen leben, weil sie finanziell von ihren alternden Eltern abhängig sind. Als weitere mögliche Gründe werden der hohe Leistungsdruck in der japanischen Gesellschaft genannt und der Zwang, sich an Normen anzupassen.