Ein chinesischer Biophysiker, der wegen illegaler Experimente an menschlichen Embryos verurteilt wurde, hat ein Forschungsvisum für Hongkong erhalten. Er sei derzeit mit „Universitäten, wissenschaftlichen Forschungsorganisationen und Unternehmen“ in Kontakt, sagte He Jiankui am Dienstag in Peking. Er wolle auch künftig seine Arbeit an „Gentherapien für seltene Krankheiten“ fortsetzen, fügte der 39-Jährige hinzu.
He hatte die Wissenschaftsgemeinschaft 2018 mit der Ankündigung der Geburt gentechnisch veränderter Zwillinge geschockt. Ein drittes Kind, dessen Erbgut verändert worden war, kam ein Jahr später zur Welt. Ende 2019 wurde He wegen illegaler medizinischer Methoden zu drei Jahren Haft verurteilt.
Die Zwillinge mit den Pseudonymen „Lulu“ und „Nana“ waren dem chinesischen Forscher zufolge durch künstliche Befruchtung gezeugt worden, wobei das sogenannte Crispr/Cas9-Gentechnikverfahren zur Erbgutveränderung, auch „Genschere“ genannt, zum Einsatz kam. He erklärte damals, er habe die DNA des Zwillingspaares so verändert, dass die beiden Mädchen vor einer Ansteckung durch ihren HIV-infizierten Vater geschützt seien. He sprach damals von einem „Durchbruch“ im Kampf gegen Aids, doch weltweit stieß sein umstrittenes Experiment auf Ablehnung.
Weder He noch zwei ebenfalls verurteilte Kollegen hätten über die nötigen Voraussetzungen verfügt, um als Ärzte zu arbeiten, urteilte das Gericht damals. Sie hätten wissentlich chinesisches Recht und die ethischen Prinzipien des Landes verletzt. Stattdessen hätten sie „persönlichen Ruhm und Vorteil“ angestrebt. Im April 2022 wurde He aus dem Gefängnis entlassen.
Kiran Musunuru, führender Genetikprofessor an der Universität von Pennsylvania, zeigte sich „entsetzt“ über die Entscheidung Hongkongs, He ein Forschungsvisum auszustellen. „He Jiankui ist ein verurteilter Krimineller“ und „inkompetent als Wissenschaftler„, sagte Musunuru der Nachrichtenagentur AFP.
„An Kindern experimentieren und ihnen genetischen Schaden zuzufügen, wie er es gemacht hat, ist meiner Ansicht nach eine Form von Kindesmissbrauch“, fügte er hinzu.